11 wichtige Gebote für GmbH-Geschäftsführer
Aktualisiert: 19. Mai
Gemäß § 43 GmbHG hat der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, die diese Pflicht verletzen, haften der Gesellschaft für den daraus kausal entstehenden Schaden. Geschäftsführerhaftung war lang ein eher theoretisches Thema, aber diese Zeiten sind vorbei. Derzeit sollen circa 20.000 (!) Haftungsfälle vor deutschen Gerichten anhängig sein. Die nachfolgenden Regeln dienen der Haftungsprävention:

1. WER SEINE KOMPETENZEN ÜBERSCHREITET, HAFTET! Der Geschäftsführer hat den Weisungen der Gesellschafter zu folgen sowie die in der Satzung, in der Geschäftsordnung und im Anstellungsvertrag enthaltenen Beschränkungen seiner Leitungskompetenz zu beachten. Zu denken ist einerseits an die Grenzen, die der Unternehmensgegenstand in der Satzung vorgibt; wenn die GmbH ihren Tätigkeitsbereich grundlegend ändert, muss dies unbedingt in Satzung und Handelsregister reflektiert werden. Zu denken ist andererseits an etwaige Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafter, insbesondere der Investoren. Häufig finden sich solche Zustimmungsvorbehalte für Geschäfte ab einer bestimmten Größenordnung. Wer vergisst eine erforderliche Zustimmung einzuholen, haftet für aus diesem Geschäft resultierende Schäden, auch wenn die Entscheidung als solche ansonsten fehlerfrei war!
2. GESETZE SIND EINZUHALTEN UND STEUERN SIND ZU ZAHLEN! Der Geschäftsführer hat dafür zu sorgen, dass die Gesellschaft die Gesetze einhält. Der Geschäftsführer haftet nicht für jeden Gesetzesverstoß der Gesellschaft persönlich, aber er haftet, wenn er es versäumt, die Gesellschaft so zu organisieren, dass die Gesetze grundsätzlich eingehalten werden (Compliance!). Ihn treffen also entsprechende Organisationspflichten (dazu sogleich unter Ziff. 3).
Der Geschäftsführer hat darüber hinaus die an ihn persönlich adressierten gesetzlichen Anforderungen zu befolgen. Besonders haftungsrelevant sind:
Die Grundsätze der Kapitalbindung Gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. Geschäftsführer, die gegen dieses Verbot verstoßen, haften der Gesellschaft in voller Höhe auf Schadenersatz. Problematisch sind in diesem Zusammenhang alle Zahlungen an Gesellschafter, die nicht aufgrund Gewinnverwendungsbeschluss oder aus freien Rücklagen oder im Rahmen eines zu drittgleichen Bedingungen geschlossenen Verkehrsgeschäfts erfolgen. Alle Leistungen an Gesellschafter sollten vor Leistungserbringung sorgfältig geprüft werden, sonst droht Haftung!
Insolvenzantragspflicht (§ 15 a InsO) Wird die GmbH zahlungsunfähig oder gerät in Überschuldung, so hat der Geschäftsführer innerhalb von 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird dies versäumt, so droht Haftung! Diese Haftung ist besonders gefährlich, weil der Geschäftsführer nicht nur auf den sog. Quotenschaden haftet sondern grundsätzlich zum Ersatz aller Zahlungen verpflichtet ist, die ab Bestehen der Insolvenzantragspflicht geleistet werden. Ausgenommen sind nur solche Zahlungen, die “mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar” sind. Was “mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar” ist, hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich hat die Sicherung der Masse den Vorrang. Bestehen aber begründete Aussichten auf Sanierung, so dürfen Zahlungen geleistet werden, die der Aufrechterhaltung des Betriebs dienen. In jedem Fall ist größte Sorgfalt geboten und qualifizierte Beratung nötig! Vorsicht ist geboten, wenn die Gesellschafter Durchhalteparolen ausgeben, aber kein Kapital nachschießen: Die daraus folgenden Risiken trägt der Geschäftsführer, nicht der Gesellschafter, dies gilt es stets zu beachten.
Vorsicht bei Kapitalmaßnahmen und Erwerb eigener Anteile! In diesen – im Rahmen von VC-Finanzierungen häufigen – Sondersituationen treffen den Geschäftsführer erhebliche eigene Pflichten. Im Rahmen von Kapitalerhöhungen muss der Geschäftsführer gegenüber dem Handelsregister bestätigten, dass das Geld “zur freien Verfügung” der Gesellschaft steht. Dies ist nicht der Fall, wenn das durch die Kapitalerhöhung eingeworbene Geld im Rahmen eines Austauschgeschäfts anschließend an den Gesellschafter zurückfließt (“verdeckte Sacheinlage”). Der Erwerb eigener Anteile ist nur zulässig, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs hinreichend freie Mittel zur Verfügung hat (“eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte”). Verletzt der Geschäftsführer die genannten Pflichten, so haftet er persönlich.
Zahlen Sie stets die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung! Die Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung ist sogar strafbar (§ 266a StGB)! Dies gilt insbesondere auch bei “freien Mitarbeitern”, wenn es sich insoweit in Wirklichkeit um Arbeitnehmer handelt. An die alle 4 Jahre stattfindende Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung ist zu denken!
Beachten Sie die Haftung für Steuerschulden (§ 69 AO)! Der Geschäftsführer haftet persönlich für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft, sofern Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge Folge Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Für die Umsatzsteuer gilt insoweit der Grundsatz anteiliger Tilgung. Der Geschäftsführer kann danach in der Krise die Haftung vermeiden, indem er die vorhandenen Mittel bezogen auf den steuerlichen Haftungszeitraum in etwa gleichmäßiger Weise zur Befriedigung des Finanzamts und der übrigen Gläubiger einsetzt. Für die Lohnsteuer gilt: Falls die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen Löhne einschließlich des vollen Steueranteils nicht ausreichen, dürfen die Löhne nur gekürzt als Teilbetrag ausgezahlt werden; aus den dann übrig bleibenden Mitteln ist die entsprechende Lohnsteuer abzuführen.
3. DER GESCHÄFTSFÜHRER TRÄGT DIE VERANTWORTUNG FÜR DIE ORDNUNGSGEMÄßE ORGANISATION DER GESELLSCHAFT UND HAT DIE EINHALTUNG DER ALLGEMEINEN UND SPEZIELLEN ANORDNUNGEN ZU KONTROLLIEREN (COMPLIANCE!).
Der Aufbau und die Durchsetzung einer plausiblen und auf die Vermeidung typischer Risiken der Gesellschaft angelegten Organisation gehört zu den wichtigsten Grundpflichten des Geschäftsführers. Aus diesem Grund hat der Geschäftsführer u.a. organisatorisch sicherzustellen, dass die Produkte seiner Firma den erforderlichen Sicherheitsstandards genügen. Wenn er Anhaltspunkte dafür hat, dass sie dies nicht tun, so muss er dem nachgehen und dies unterbinden, ansonsten haftet er.
Grundsätzlich gilt nach der berühmt gewordenen Neubürger-Entscheidung des LG München: “Ein Vorstandsmitglied hat dafür zu sorgen, dass sein Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverstöße erfolgen. Seine Organisationspflicht genügt er nur dann, wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation einrichtet. Entscheidend für den Umfang sind dabei Art, Größe und Organisation des Unternehmens, die zu beachtenden Vorschriften, die geographische Präsenz wie auch Verdachtsfälle aus der Vergangenheit.”
Dies gilt für den GmbH-Geschäftsführer im Grundsatz entsprechend.
4. VERMEIDEN SIE INTERESSENKONFLIKTE! Der Geschäftsführer ist dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet und schuldet der Gesellschaft Treue. Interessenkonflikte (etwa, weil der Geschäftsführer auch an einem Geschäftspartner der Gesellschaft beteiligt ist) sind den Gesellschaftern offenzulegen. Der Geschäftsführer sollte sich in solchen Fällen auf beiden Seiten des Geschäfts zurückziehen und andere Personen den Auftrag verhandeln lassen.
Ebenso darf der Geschäftsführer der Gesellschaft keinen Wettbewerb machen und erst recht keine Geschäftschancen der Gesellschaft an sich ziehen.
5. GESCHÄFTLICHE UND UNTERNEHMERISCHE ENTSCHEIDUNGEN SIND SORGFÄLTIG VORZUBEREITEN! Aufgrund der sog. Business Judgement Rule hat der Geschäftsführer bei seinen unternehmerischen und geschäftlichen Entscheidungen einen weiten Handlungsspielraum, der auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen einschließt. Bewegt sich der Geschäftsführer im Rahmen dieses Spielraums, so haftet er nicht, auch wenn das Geschäft sich später als schädlich herausstellt.
Voraussetzung des durch die Business Judgement Rule gewährten Haftungsschutzes ist jedoch, dass der Geschäftsführer die Geschäftsführungsentscheidung angemessen vorbereitet hat und annehmen durfte, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln.
Der Geschäftsführer hat also die Grundlagen seiner Entscheidung sorgfältig zu recherchieren und ggf. speziellen Rat eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Beraters einzuholen. Eine Haftung des Geschäftsführers wurde etwa in einem Fall angenommen, in dem die Gesellschaft aufgrund der unglücklichen vertraglichen Regelung ungesichert in Vorleistung ging und der Ausfall der ungesicherten Forderung existenzbedrohend war.
6. DER GESCHÄFTSFÜHRER IST VERPFLICHTET, LIQUIDITÄT UND VERSCHULDUNG STÄNDIG ZU BEOBACHTEN. Bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals ist eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Bei Anzeichen einer krisenhaften finanziellen Entwicklung hat der Geschäftsführer sich durch Aufstellung einer Zwischenbilanz oder ähnliche Maßnahmen einen Überblick über den Vermögensstand zu beschaffen und zu prüfen, ob ein Insolvenztatbestand (Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung) vorliegt.
Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht ist besonders haftungsträchtig. Zahlungen, die nach Insolvenzreife erfolgen, sind grundsätzlich vom