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Kündigung nach Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act - Anforderungen an die Vertragsgestaltung für Cloudanbieter

Aktualisiert: 6. Aug.

Kündigung nach Data Act
Vertragsbeendigung nach Data Act

Am 12. September 2025 tritt der Data Act in Kraft. Eines der Kernziele des Data Acts ist es, Lock-in-Effekte zu vermeiden, die sich aus der faktischen Kontrolle von Kundendaten durch Anbieter von IoT-Produkten oder Cloud-Services (IaaS, PaaS oder SaaS) ergeben können. Der Data Act enthält in diesem Zusammenhang eine Reihe an Regelungen, die Anbieter verpflichten, in ihren Kundenverträgen einige kundenfreundliche Klauseln vorzusehen. Unter anderem verpflichtet Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act die Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten, den Kunden ein jederzeitiges Kündigungsrecht unabhängig von einer etwaig vereinbarten festen Laufzeit zu gewähren. Der Regelungsgedanke ist aus der Vertragsgestaltung im IT-Vertragsrecht bekannt und insbesondere in internationalen Verträgen weit verbreitet. Häufig wird die Klausel mit Termination for Convenience überschrieben. Der Einfluss einer solchen Kündigung auf den Vergütungsanspruch ist häufig Gegenstand der Vertragsverhandlungen. Branchenüblich ist es, dass die Termination for Convenience den Vergütungsanspruch unberührt lässt, auch wenn IT-Einkaufsbedingungen bisweilen Abweichendes als Standard vorsehen. Nun verpflichtet Art. 25 Data Act die Anbieter ein solches Kündigungsrecht zwingend zu gewähren. Die Bedeutung dieser Regelung und die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Vertragsgestaltung sind Gegenstand dieses Beitrags.


  1. Die Kündigungsfrist von zwei Monaten für die „Einleitung des Wechsels“

Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act sieht vor, dass der Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten in seinen Verträgen eine maximale Kündigungsfrist von zwei Monaten vorsehen muss. Allerdings ist am Ende dieser Kündigungsfrist nicht der Vertrag beendet. Denn die Kündigungsfrist von zwei Monaten gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes für die Einleitung eines Wechsels zu einem anderen Datenverarbeitungsdienst. Die „Kündigungsfrist“ gemäß Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act von zwei Monaten ist also genau genommen gar keine Kündigungsfrist, sondern eher eine Ankündigungsfrist. Dennoch führt die Erklärung im Ergebnis zu einer Vertragsbeendigung, nur nicht mit einer Frist von zwei Monaten, sondern mit dem Vollzug des Wechsels, der innerhalb der gesetzlich vorgesehen Wechselphase stattfinden soll (dazu unten).


  1. Die Wechselphase des Art. 25 Abs. 2 lit. a) Data-Act


2.1 Die Wechselphase von 30 Tage und die Verlängerungsoptionen

Art. 25 Abs. 2 lit. a) definiert eine Wechselphase von grundsätzlich 30 Tagen. Sollte der Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten aber aus technischen Gründen mehr Zeit benötigen, so ist er berechtigt, diesen Zeitraum innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Wechselerklärung einmalig auf maximal bis zu sieben Monate zu verlängern (Art. 25 Abs. 4 Data Act). Auch der Kunde darf diese Frist verlängern, ist dabei aber weder an eine Frist gebunden noch ist sein Verlängerungswunsch von einem bestimmten Verlängerungsgrund abhängig. Zu beachten ist, dass die „oder“-Verknüpfung in der deutschen Fassung von Art. 28 Abs. 2 lit. a) Data Act sprachlich verunglückt ist. Ein Vergleich mit anderen Sprachfassung macht aber deutlich, dass die 30-Tage-Frist sowohl für den Wechsel in die eigene Infrastruktur als auch für den Wechsel zu einem anderen Anbieter gilt.

 

2.2 Das Ende der Wechselphase

Mit dem Wechsel zu einem anderen Anbieter oder in die eigene Infrastruktur ist der Wechsel vollzogen. Und mit dem vollzogenen Wechsel ist gemäß Art. 25 Abs. 2 lit. c) der Vertrag von Gesetzes wegen beendet. Dies eröffnet die Frage, was gilt, wenn die Wechselphase endet, ohne dass der Wechsel im Sinne von Art. 25 Abs. 2 lit. c) Data Act vollzogen ist. Dinge dauern ja bekanntermaßen manchmal länger. Angesichts des klaren Wortlauts von Art. 25 Abs. 2 lit. c) Data Act dürfte der Vertrag fortdauern. In Betracht kommen aber neben den öffentlich-rechtlichen Sanktionen wie Bußgeldern auch vertragliche Sanktionen wegen Pflichtverletzungen desjenigen, der für die Verzögerung verantwortlich ist.

 

2.3 Die Wechselphase im Falle eines Wunsches zur Datenlöschung

Wenn der Kunde statt eines Wechsels die Löschung seiner Daten wünscht, dann gibt es keine Wechselphase. In diesem Fall endet der Vertrag mit dem Ende der 2-Monats-Frist aus Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act. Ein Vollzug der Löschung ist für die Beendigung des Vertrags gemäß Art. 25 Abs. 2 lit. c) ii) Data Act nicht erforderlich.

 

  1. Das Kündigungsrecht nach Data Act und Laufzeitverträge


Der Data Act ermöglicht also das jederzeitige Kündigungsrecht für die Kunden von Datenverarbeitungsdiensten. Allerdings wird der Anbieter von IaaS, PaaS und SaaS-Diensten durch dieses Kündigungsrecht des Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act nicht dazu gezwungen, auf Laufzeitverträge mit fester Laufzeit zu verzichten. Die Rechtsfolge des Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act unterscheidet sich insoweit von der Regelung des § 309 Nr. 9 BGB, der im Falle von Verbraucherverträgen allerdings neben Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act zu berücksichtigen ist. Denn § 309 Nr. 9 BGB schließt abweichend von Art. 25 Abs. 2 lit d.) Data Act durchaus Laufzeitverträge grundsätzlich aus und macht abweichende Regelungen unwirksam. Die Zulässigkeit von Laufzeitverträgen nach Data Act ist allerdings etwas versteckt geregelt, zumal Art. 28 Data Act ausdrücklich die Abschaffung von Wechselentgelten regelt, die ab dem 12.01.2027 nicht mehr erhoben werden dürfen. Dies ist eine zentrale Vorschrift, um Lock-In-Effekte, die sich aus der faktischen Datenkontrolle durch die Anbieter ergeben, zu begegnen. Die grundsätzliche Zulässigkeit von Laufzeitverträgen findet sich bei der Definition der Wechselentgelte. Denn diese sind gemäß Art. 2 Nr. 36 Data Act „andere Entgelte als Standarddienstentgelte oder Sanktionen bei vorzeitiger Kündigung“. Mit anderen Worten: Solange nur die Lizenzgebühr bis zum ursprünglich vereinbarten Vertragsende weiterläuft oder eine Sanktion für die vorzeitige Kündigung vorgesehen ist (vermutlich maximal in entsprechender Höhe), ist eine entsprechende Regelung konform mit dem Data Act.


Diese Auslegung ist auch eindeutig, wie Erwägungsgrund 89 des Data Act belegt. Dort heißt es wörtlich:


„Diese Verordnung hindert Kunden nicht daran, Dritten für die Unterstützung im Migrationsprozess eine Gegenleistung zu erbringen, bzw. sie hindert Parteien nicht daran, im Einklang mit dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht Verträge über Datenverarbeitungsdienste mit fester Laufzeit zu vereinbaren, einschließlich verhältnismäßiger Sanktionen für die vorzeitige Kündigung dieser Verträge.

 

  1. Anforderungen an die Vertragsgestaltung im Hinblick auf Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act

Insofern ist klargestellt, dass das jederzeitige Kündigungsrecht aus Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act Laufzeitverträge nicht ausschließt. Dies bedeutet aber nicht, dass Anbieter den 12.09.2025 einfach verstreichen lassen können. Denn das Kündigungsrecht des Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act gilt (vermutlich) auch dann von Gesetzes wegen, wenn man es gesetzeswidrig vertraglich nicht vereinbart. Die Fortgeltung der Lizenzgebühr über das Vertragsende hinaus muss aber vertraglich geregelt werden, sonst gilt sie nicht. Übergangsvorschriften gelten für Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act nicht. Solche sind in Art. 50 Data Act nur für Kapitel IV vorgesehen. Art. 25 Abs. 2 lit. d) Data Act ist aber Teil von Kapitel VI. Die Regelung erfasst also ab dem 12.09.2025 auch laufende Verträge mit Bestandskunden. Was sich daraus für den Umgang mit Bestandskunden ergibt, ist Gegenstand eines anderen Beitrags.


 

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